Ich liebe Mantel- und Degenfilme. Errol Flynn ist einfach Robin Hood und wird es immer bleiben, so wie Burt Lancaster der coolste Pirat bleibt oder Gene Kelly der beste D’Artagnan. Die populärste Frauenrolle in diesen Fantasyfilmen ist wohl Queen Elizabeth I. und ihre Filmgeschichte erzählt auch eine Gesellschaftsgeschichte. Download der Episode hier. Opener: „Historically Accurate | Queen Elizabeth I Makeup & Hair Tutorial von Zabrena Closer: „QI | How Many Times A Year Did Queen Elizabeth I Have A Bath?“ von QI: Quite Interesting Musik: „Elizabeth (2010)“ von Jim Tait / CC BY-SA 3.0 Unlängst entspann sich in der Cat & Dog Ranch folgender Dialog: „Ich habe gerade diesen Film über Queen Elizabeth gesehen…“ „Die erste oder die zweite?“ „Die erste.“ „Den mit Tilda Swinton?“ „Nein, glaube nicht.“ „Helen Mirren?“ „Nein, glaube ich auch nicht…“ „Vielleicht den mit Cate Blanchett?“ „Ja, stimmt, genau! Cate Blanchett!“ „Den ersten oder den zweiten?“ Ihr seht: Es ist ein unübersichtlicher Verhau. Da kennt sich ja keine Sau aus! Das muss geordnet werden! Ist ja an sich kein Wunder, dass es so viele Filme über diese Frau gibt. Was wir das „elisabetheanische Zeitalter“ nennen, nennen Engländer einfach das „Golden Age“. Schotten sind da natürlich völlig anderer Meinung. Elizabeth hat England aus dem Mittelalter in die Moderne geholt, die Spanier und die Katholiken besiegt, den Grundstein für das Empire gelegt und sich mit interessanten Männern umgeben. Sie war Zeitgenossin von Francis Drake, William Shakespeare und Francis Bacon. Trotzdem gilt sie als die jungfräuliche Königin, der Staat Virginia wurde nach ihr benannt. Und es ist wirklich interessant, wer diese Frau, die übrigens sechs Sprachen fließend sprach und als Hobby antike Philosophen übersetzte, schon verkörpert hat. Das Kino war kaum geboren, als die berühmteste Schauspielerin ihrer Zeit die junge Elizabeth gab. In „Les Amours de la reine Elisabeth“ wird sie von niemand geringerem als Sarah Bernhardt dargestellt. Berühmt aus dem Lucky-Luke-Comics. Es geht um die Liebesaffäre mit Robert Devereux, dem 2. Earl of Essex. Ein Stummfilm und, wie damals üblich, einfach eine Kamera, die ein Theaterstück aufzeichnet. Filme hatten ihre Bildsprache noch nicht gefunden. 1923 folgt noch ein Stummfilm. Diana Manners spielt hier die Queen. Sie war in den Staaten mit dem Film in Berührung gekommen, als sie in D.W. Griffiths Filmen „Hearts of the World“ und „The Great Love“ kleinere Rollen übernahm. In „The Virgin Queen“ von 1923 spielt sie eine sehr zarte, beschützenswerte Queen, die von Lord Robert Dudley gerettet werden muss, als Verschwörer einen Mordplan gegen sie aushecken. 1937 lernt die Queen dann reden, der Stummfilm ist schon 10 Jahre mausetot. Flora Robson spielt die Queen, Lawrence Olivier einen umtriebigen Spion und Vivien Leigh eine hübsche Hofdame. Es geht darum, wie die herrische Mannfrau langsam die Faxen des spanischen Königs Philipp dem Zweiten dicke hat und deswegen dessen große Armada versenken lässt. Genau so wie in „Fire Over England“ war es historisch. Nicht. Zwei Jahre später, 1939, folgt „The Private Lifes of Elizabeth and Essex“ und der Titel gibt die Handlung auch prima wieder. Die Königin wird von Bette Davis verkörpert, ihr Liebhaber von einem nicht mehr ganz taufrischen Errol Flynn, Olivia de Havilland ist Lady Penelope Gray und Vincent Price gibt den Sir Walter Raleigh, dem ich meine Nikotinsucht zu verdanken habe. Sein Karriere als König des Horrorfilms beginnt erst nach diesem Filmschinken. Vincent Price meine ich, nicht Sir Walter Raleigh… Weil das so gut geklappt hat, gibt Flora Robson im nächsten Jahr noch einmal die Queen in „The Sea Hawk“ von 1940. Errol Flynn ist dieses Mal als Bukanier der Königin zu sehen, der mit seinen Künsten als Degenfechter persönlich für den Sieg über die Armada verantwortlich ist. In „Young Bess“ von 1953 spielt Jean Simmons die junge Elizabeth und ihr love interest ist dieses Mal Thomas Seymour, gespielt von Old Surehand. Ich meine Stewart Granger. Es geht hier um die komplizierte und ein bisschen blutige Thronfolge und besonders sehenswert ist Charles Laughton, der hier Lissis Papa gibt, König Henry VIII. 1955 spielt wieder Bette Davis die Queen im nächsten Film der „Virgin Queen“ heißt. Wie meistens geht es darum, dass Elisabeth halt doch nur eine Frau war, dieses Mal geht es um ihre Beziehung zu Walter Raleigh, der mit den Zigaretten. Doch der verliebt sich hier lieber in eine frei erfundene Elizabeth Throckmorton, gespielt von Joan Collins. Die ja eine gaaanz tolle Schauspielerin ist. Dann wird es sehr still um die mächtige Frau mit Namen Elizabeth, einfach weil Kostümschinken völlig aus der Mode geraten. Frauen mit Ballonröcken und Mieder und Männer in Strumpfhosen, die Gummischwerter schwingen will in den Sixties keiner mehr sehen. Es dauert bis in die Neunziger, als eine neue Welle von Historienfilmen die Zuschauer wieder anspricht. Besonders beliebt sind auch Shakespeare-Verfilmungen. Und in diesem Gewand taucht 1998 auch Cate Blanchett in einem Film auf, der einfach „Elizabeth“ heißt. Die junge Königin lernt in diesem Film erst einmal ihr politisches Handwerk. Kurz-Zusammenfassung: Nein, ich werde nicht heiraten! „Elizabeth I“ dann ist eigentlich gar kein Kinofilm, sondern eine HBO-Miniserie. Und hier geht es ja nicht um Fernsehen, das wäre noch einmal eine ganze Sendung obendrauf. Stichwort: Black Adder. Weil diese Produktion aber 2006 bei uns als Film auf DVD vermarktet wurde, zählt er ausnahmsweise doch. Die Königin wird in hier von Dame Helen Mirren gespielt. Die damit wahrscheinlich die einzige Schauspielerin ist, die in ihrem Leben beide Elizabeths gespielt hat. Die eins und die zwei. In dieser Produktion ist die Königin nicht mehr taufrisch, aber trotzdem attraktiv und lässt gleich eine ganze Riege britischer Schauspieler abblitzen. Man hat auch versucht, jedes historisch bekannte Elisabeth-Zitat einzubauen und vor allem die berühmte „Goldene Rede“ ist ein Genuss. Und schon sind wir am Ende angekommen: Cate Blanchett hat die Königin zwei Mal porträtiert, sie spielt die Rolle 2007 noch einmal in „The Golden Age“. Wenn man bei diesem Film einnickt – was durchaus passieren kann – und plötzlich aufwacht und dann Königin Elisabeth sieht, wie sie an der britischen Steilküste in voller Rüstung und mit einem Schwert in der Hand, mit wallendem, roten Haar im Sturmwind auf die Ankunft der Armada wartet… Wenn man also zu diesem Zeitpunkt aufwacht, dann mag man denken, man hätte vor dem Nickerchen aus Versehen den „Herrn der Ringe“ angeklickt. Das war’s. Ach, da war ja noch das mit Tilda Swinton. Die spielt aber in „Orlando“ von 1992 gar nicht die Königin, das erledigt hier Quentin Crisp. Ja, ein Mann. Drehbuch ist hier von Sally Potter und Virginia Woolf und dieser Film ist mit Abstand der sehenswerteste und intelligenteste in dieser langen Reihe. Meine Empfehlung für heute. Queen Elisabeth I. ist nicht nur für die Engländer die berühmteste und wichtigste Königin aller Zeiten. Mit den Mythen und Legenden um sie haben wir eine Kunstfigur erschaffen anhand der wir Geschichten erzählen über die Macht und wie Macht Menschen verändert. Vor allem aber erzählen wir uns anhand von Elizabeth die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft. Darum geht es am Anfang der Filmgeschichte fast ausschließlich darum, dass die Queen halt doch nur eine zerbrechliche Frau ist, die den Männern nicht widerstehen kann. Den Männern, die im Hintergrund natürlich den Laden eigentlich schmeissen. Aber mit der Zeit wird die Queen immer autarker, selbstbestimmter und individueller, bis sie zum Schluss dieser Aufzählung selber in Rüstung und Schwert das Englische Empire gründet. Zu einer Ikone des Feminismus hat sie es trotzdem nie gebracht, obwohl sie das verdient hätte. Schuld daran sind wahrscheinlich genau die hier aufgezählten Werke, die sich so lange so intensiv angestrengt haben, das Bild einer starken, selbstbewussten, intelligenten, mächtigen und geistreichen Frau zu unterdrücken. Zitieren wir also diese wichtige Herrscherin zum Schluss selber: „Auch wenn ich zu dem Geschlecht gehöre, dass ihr für schwach erachtet, werdet ihr feststellen, dass ich ein Felsen bin, der sich nicht im Geringsten im Winde beugt! Lieber wäre ich ein Bettler und Single als eine Königin und verheiratet!“ Klingt sehr modern, ist aber aus dem Jahre 1590.
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