
Podcast
BuchZeichen
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«BuchZeichen» macht Lust aufs Lesen, ist Rettungsring im Büchermeer und bietet gute und intelligente Unterhaltung.
«Buchzeichen» stellt Autoren und Büchermenschen vor, erzählt Geschichten aus und über Bücher oder gräbt Perlen aus: Vom Bestseller über die Sportlerbiographie, vom Reisebericht bis zum Klassiker hat alles Platz.
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Aktuelle Bücherempfehlungen: Neues Glück in der Fremde?
Episode in
BuchZeichen
Seit 15 Jahren erzählen Auslandschweizerinnen und -schweizer in der Rubrik «Die fünfte Schweiz» am Sonntagvormittag auf SRF 1 aus ihrem Alltag. Aus diesem Anlass liegen auf dem Literaturstammtisch Bücher über Auswandererschicksale - Werke von Therese Bichsel, Pedro Lenz und Gabrielle Alioth.
1821 wanderten rund 170 Menschen aus Bern und Neuenburg nach Kanada in die Gegend des heutigen Winnipeg aus. Ein verschuldeter Berner Patrizier hatte sie mit grossen Versprechungen angeworben. Doch statt eines besseren Lebens erwartete sie am Roten Fluss bittere Not. Diese wahre Geschichte erzählt die Schweizer Autorin Therese Bichsel in ihrem Roman «Überleben am Red River». Franziska Hirsbrunner gefällt unter anderem der Reichtum an packenden Details, mit dem das Werk aufwartet.
Der Schweizer Pedro Lenz hat mit «I bi meh aus eine» im Berner Dialekt die wundersame, aber wahre Geschichte des Hochstaplers Peter Wingeier aus dem Emmental aufgeschrieben. Der Schweizer wanderte im 19. Jahrhundert nach Argentinien aus, nahm eine falsche Identität als Arzt an und gründete sein eigenes Dorf «Romang». Wingeier sei zwar nicht sympathisch, findet Markus Gasser. Doch Pedro Lenz zeichne seine Figur dennoch als «liebe Siech» - und erweise sich dadurch einmal mehr als «unverbesserlicher Menschenfreund».
Dass die Schweiz lange Zeit ein Auswanderungsland war, geht gerne vergessen. Die Schweizer Autorin Gabrielle Alioth, die selbst seit 1984 in Irland lebt, erzählt in ihrem Sachbuch «Ausgewandert» Geschichten von Menschen aus sieben Jahrhunderten, welche die Schweiz verliessen und im Ausland das Glück suchten. Felix Münger ist beeindruckt von der Unterschiedlichkeit der Schicksale: Die einen trieb die Leidenschaft in die Fremde, andere die pure wirtschaftliche Not. Und dann gab es Menschen, die glaubten, in der Fremde das Paradies zu finden.
Buchhinweise:
* Gabrielle Alioth. Ausgewandert. Schweizer Auswanderer aus 7 Jahrhunderten. 193 Seiten. Faro, 2014.
* Therese Bichsel. Überleben am Red River, 361 Seiten. Zytglogge, 2018.
* Pedro Lenz. I bi meh aus eine. 75 Seiten. Cosmos, 2013.
Wiederholung der BuchZeichen-Sendung vom 02.01.2024
26:47
Aktuelle Buchempfehlungen: David Grann und Cécile Tlili
Episode in
BuchZeichen
Die drei Bücher auf dem heutigen Literaturstammtisch sprechen ganz unterschiedliche Interessen an: eine Abenteuergeschichte für den Rucksack, ein Debüt für den Liegestuhl daheim und eine Familiengeschichte für die Strandtasche.
Was für eine Story, und erst noch eine wahre! Noch selten habe er eine derart mitreissende Abenteuergeschichte gelesen wie «Der Untergang der Wager» des US-Amerikaners David Grann, sagt Felix Münger. Der auf akribischer historischer Recherche beruhende Roman rekonstruiert die unglaubliche Geschichte des britischen Kriegsschiffs «Wager».
Es strandete 1741 an der Küste Chiles. Die Schiffbrüchigen fanden sich in der Einöde Patagoniens - hungernd und den rauen Launen der Natur ausgeliefert. Meuterei, Krankheit, Tod. Nur wenigen gelang nach Jahren einer Wahnsinnsreise die Rückkehr nach England.
Ein heisser Augustabend, zwei reiche Paare aus der gehobenen Pariser Gesellschaft, eine Einladung zum Essen. Klingt doch nett, oder? Aber dieses Diner entwickelt sich zum Desaster. In Cécile Tlilis Romandebüt «Ein Sommerabend» hat niemand Lust auf das Beisammensein unter Freunden. Und nach Aperitif-Häppchen und gespielten Nettigkeiten fallen bei allen vieren die Masken. Das zu beobachten, macht grossen Spass. Ein keckes, gesellschaftskritisches Kammerspiel, das Tim Felchlin in einem Zug durchgelesen hat.
«Der Sommer zu Hause» der US-Amerikanerin Ann Patchett sei die perfekte Sommerlektüre, findet Britta Spichiger im heutigen Kurztipp. Die Ich-Erzählerin ist Mutter dreier fast erwachsener Töchter und erzählt ihnen bei der Kirschernte auf der familieneigenen Farm von ihrem Leben, bevor sie heiratete. Es ist eine bewegte Lebensgeschichte, die die Töchter nicht nur staunen lässt, sondern sie auch dazu bewegt, die eigenen Entscheidungen zu überdenken.
Ann Patchett erzählt unprätentiös, humorvoll, empathisch – eine unbedingte Leseempfehlung!
Buchhinweise:
* David Grann. Der Untergang der Wager. Eine Geschichte von Schiffbruch, Mord und Meuterei. Aus dem Englischen von Rudolf Mast. 432 Seiten. C.Bertelsmann, 2024.
* Cécile Tlili. Ein Sommerabend. Aus dem Französischen von Norma Cassau. 192 Seiten. Kein & Aber, 2024.
* Ann Patchett. Der Sommer zu Hause. Aus dem Englischen von Ulrike Thiesmeyer. 400 Seiten. Berlin Verlag, 2024.
29:04
Aktuelle Buchempfehlungen: Marc-Uwe Kling und Heinrich Steinfest
Episode in
BuchZeichen
Spurensuche und Spannung zeichnen unter anderem die beiden Bücher aus, die heute auf dem Literaturstammtisch liegen. Marc-Uwe Klings «Views» ist ein gesellschaftskritischer Thriller, Heinrich Steinfests «Sprung ins Leere» ein kunsthistorischer Krimi.
«Views» so heisst das neuste Buch des deutschen Autors Marc-Uwe Kling. Eine Jugendliche verschwindet spurlos. Dafür taucht ein Video auf allen möglichen sozialen Netzwerken auf und geht viral. Der Inhalt des Videos ist verstörend, denn es zeigt, wie die Jugendliche brutal vergewaltigt wird. Die Berliner Ermittlerin Yasira Saad soll die junge Frau und die Vergewaltiger finden. Jennifer Khakshouri konnte das Buch nicht mehr weglegen: es sei so aktuell und brisant, dass man nur noch staune.
Im Roman «Sprung ins Leere» führt Heinrich Steinfest die Leserschaft einmal mehr in seinen Kosmos. Und wie immer ist man konfrontiert mit Dingen, die einem vertraut und merkwürdig zugleich vorkommen. Es geht um die Welt der Kunst, um bekannte Werke von Yves Klein oder Jacob van Ruistal, aber auch um Werke, die nur im Steinfest-Kosmos existieren. Vor allem aber erzählt Steinfest die Geschichte einer spektakulären Suche nach einer verschwundenen Künstlerin, die von Wien nach Japan und wieder zurück nach Wien führt. Grosses Kino. Und beste Literatur, findet Literaturredaktor Michael Luisier, der das Buch am Stammtisch vorstellt.
Den heutigen Kurztipp widmet Britta Spichiger dem US-amerikanischen Autor Richard Russo. In seinem neuen Roman «Von guten Eltern» erzählt er – wie schon in früheren Geschichten - von einer Kleinstadt in Upstate New York, von den Menschen dort, die allen politischen und wirtschaftlichen Widerständen zum Trotz für ein gutes Leben kämpfen. Russo nennt die Probleme beim Namen und schreibt doch über universell Menschliches, zeigt voller Empathie aber ohne Kitsch, dass es nie zu spät ist, nochmals neu anzufangen.
Buchhinweise:
* Marc-Uwe Kling. Views. 272 Seiten. Ullstein, 2024.
* Heinrich Steinfest. Sprung ins Leere. 496 Seiten. Piper, 2024.
* Richard Russo. Von guten Eltern. Aus dem Englischen von Monika Köpfer. 576 Seiten. DuMont, 2024.
25:38
Aktuelle Buchempfehlungen: Für alle etwas
Episode in
BuchZeichen
Ein Klassiker, ein Familiengeheimnis und ein Geschichtsbuch, das auf einem Fussballspiel basiert. Am Literaturstammtisch geht es um Bücher von Julien Green, Nadine Olonetzky und Ronald Reng.
Der französisch-amerikanische Schriftsteller Julien Green (1900-1998) ist ein Jahrhundertautor: Er greift in seinen vielen Werken die sich wandelnden Zeitströmungen auf und schildert sie meisterhaft an Figuren, in deren Psyche er hineinzuschlüpfen scheint. Im neu übersetzten Roman «Treibgut» erzählt Julien Green die Geschichte eines jüngeren und wohlhabenden Bürgers im Paris der 1930er-Jahre, der sich selbst überdrüssig ist und keinen Weg findet, der Sinnentleerung zu entkommen. Der Roman, den Felix Münger am Literaturstammtisch vorstellt, ist ein eindringliches Sinnbild für eine Welt vor dem Abgrund.
Die Zürcher Autorin Nadine Olonetzky ist die Tochter eines Holocaust-Überlebenden. Lange Zeit war ihr das aber gar nicht bewusst. Nur ein einziges Mal erzählt ihr der Vater ansatzweise davon, was mit ihm und seiner jüdischen Familie während der Shoah geschehen ist. Als Nadine Olonetzky als längst erwachsene Frau einen Berg von Akten findet, entdeckt sie auch ein Familiengeheimnis, das ihr der Vater verschwiegen hat. Daraus entstanden ist ein Buch ohne Pathos, in dem Literaturredaktor Tim Felchlin auch auf weniger bekannte Kapitel der Kriegs- und Nachkriegszeit gestossen ist.
Der Buchtipp der Woche stammt von Michael Luisier. Zum Auftakt der Euro 2024 empfiehlt er ein ganz besonderes Fussballbuch. Ronald Rengs Buch «1974 – Eine deutsche Begegnung», das sich um die legendäre Partie zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland während der WM 1974 in Hamburg dreht, geht es nämlich nicht nur um Fussball. Es geht um die gesamte deutsche Geschichte der frühen 70er-Jahre. Erstaunlich, was sich alles über Fussball erzählen lässt!
Buchhinweise:
* Julien Green. Treibgut. Aus dem Französischen von Wolfgang Mat. 400 Seiten. Hanser, 2024.
* Nadine Olonetzky. Wo geht das Licht hin, wenn der Tag vergangen ist. 448 Seiten. S. Fischer, 2024.
* Ronald Reng. 1974 – Eine deutsche Begegnung. 428 Seiten. Piper, 2024.
26:36
Aktuelle Buchempfehlungen: Schauplatz Italien
Episode in
BuchZeichen
In ihrem ersten Roman erzählt die junge Italienerin Beatrice Salvioni von einer Frauenfreundschaft im Italien der 1930-er Jahre. Und der österreichische Autor Stephan Roiss lässt seinen Helden nach Italien flüchten – um dort eine wichtige Lebensweisheit zu finden.
In ihrer Heimat Italien war der Debütroman der 29-jährigen Autorin Beatrice Salvioni ein grosser Erfolg. Jetzt erscheint er auf Deutsch. Schauplatz des Romans ist eine Kleinstadt in Norditalien in den 1930er-Jahren. Vor dem Hintergrund des Faschismus erzählt Salvioni von den religiösen und patriarchalen Zwängen im Alltag zweier Mädchen: Maddalena und Francesca beginnen zu rebellieren – und kämpfen um ein selbstbestimmtes Leben. Ein mitreissender Roman über eine tiefe Freundschaft, findet Literaturredaktorin Katja Schönherr.
Das Leben des jungen Musikers Leon wird von Krisen nur so durchgeschüttelt: Nach dem Tod seiner Mutter quälen ihn Selbstvorwürfe. Zum Vater meidet er jeden Kontakt. Als Leon auch noch erfährt, dass er Krebs hat, folgt er einer Einladung nach Italien. Leons Reise ist eher eine Flucht als eine Heldengeschichte, aber sie bringt Leon eine Gewissheit: «Das Leben lohnt sich nicht, aber es ist gut und schön.» «Lauter» von Stephan Roiss ist ein lebensbejahender Roman – mal dröhnend laut, dann wieder ganz leise. Von dieser Musikalität ist Literaturredaktor Tim Felchlin beeindruckt.
Claudette Wells ist ein ehemaliger grosser Filmstar. Vor Jahren flüchtete sie - noch während den Dreharbeiten zu einem neuen Film – mit ihrem Sohn in ein zerfallenes Haus in einer abgelegenen irischen Provinz. Seither führen sie und ihr Mann eine Ehe unter besonderen Umständen. Und als er eine ehemalige Geliebte im Radio hört, beginnt das Drama erst recht. «Hier muss es sein» - in diesem Roman schildert die irisch-britische Autorin Maggie O'Farrell viele Facetten einer Ehe, zeigt Brüche, Veränderungen – und stellt die zentrale Frage, was uns – trotz allem – in einer Beziehung zusammenhält. Literaturredaktorin Britta Spichiger stellt das Buch im Kurztipp vor.
Buchhinweise:
* Beatrice Salvioni. Malnata. Aus dem Italienischen von Anja Nattefort. 272 Seiten. Penguin, 2024.
* Stephan Roiss. Lauter. 240 Seiten. Jung und Jung, 2024.
* Maggie O'Farrell. Hier muss es sein. Aus dem Englischen von Kathrin Razum. 544 Seiten. Piper, 2024.
22:43
Aktuelle Buchempfehlungen: Miranda July und Anne Weber
Episode in
BuchZeichen
In den beiden Büchern auf dem Literaturstammtisch geht es dieses Mal um persönliche Entdeckungen und Erfahrungen. Die US-Amerikanerin Miranda July erzählt tabulos von einer Frau in den Wechseljahren, die Deutsche Anne Weber von fremden Vierteln einer ihr vertrauten Stadt.
Eine 45-jährige Frau schenkt sich selbst zum Geburtstag eine Reise von Los Angeles nach New York. Aber weit kommt sie nicht. Ein paar Meilen von ihrem Zuhause entfernt, verliebt sie sich vermeintlich in einen Tankstellenwächter. Die 50-jährige US-Autorin Miranda July ist ein Multitalent. Sie arbeitet unter anderem als Filmemacherin, Performance-Künstlerin und Schriftstellerin. Und mit ihrem neuesten Roman «Auf allen vieren» ist ihr erneut ein provokativer Roman gelungen, der das Thema «Wechseljahre» ohne Tabus anspricht. Jennifer Khakshouri hat das Buch mit Genuss, aber auch mit ein wenig roten Ohren gelesen.
Die Pariser Banlieues haben einen schlechten Ruf: Betonwüsten, Drogenkriminalität, Strassenkrawalle. Diese Randgebiete hat die seit rund vierzig Jahren in Paris lebende Autorin Anne Weber kaum je betreten. Nun erkundet sie sie in ihrem aktuellen Buch «Bannmeilen». Dabei fördert sie Überraschendes zu Tage: Inmitten der Trostlosigkeit stösst sie auf hochmoderne Bauten und historische Hotspots - und sie kommt in den Austausch mit Einheimischen. Für Felix Münger gelingt es Anne Weber, uns die Augen für «das Fremde in der Nachbarschaft» zu öffnen und uns mit ihm auf menschlicher Ebene verbunden zu fühlen.
Buchhinweise:
* Miranda July. Auf allen Vieren. Aus dem Englischen von Stefanie Jacobs. 416 Seiten. Kiepenheuer & Witsch, 2024.
* Anne Weber. Bannmeilen. 301 Seiten. Matthes & Seitz, 2024.
27:32
Aktuelle Buchempfehlungen: Gänsler, Jügler und Gardam
Episode in
BuchZeichen
Die deutsche Autorin Franziska Gänsler erzählt von einer verschwundenen Schwester, der deutsche Autor Matthias Jügler von einem totgeglaubten Sohn. Und die englische Schriftstellerin Jane Gardam von einer einsamen, traumatisierten Frau. Geschichten aus dem Leben – brillant erzählt.
Katja Schönherr bringt den neuen Roman von Franziska Gänsler mit an den Literatur-Stammtisch. Der Titel: «Wie Inseln im Licht». Die Handlung: Als ihre kleine Schwester verschwindet, ist Zoey selbst noch ein Kind. Jetzt, zwanzig Jahre später, sind ihre Erinnerungen daran bruchstückhaft und widersprüchlich. Warum wurde nie nach der Schwester gesucht? Lebt die Schwester womöglich noch? Zoey begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit. «Wie Inseln im Licht» liest sich manchmal fast wie ein Krimi – und ist dabei sehr elegant geschrieben.
DDR, 1970er Jahre. Ein frischgebackenes Lehrerpaar bekommt sein erstes Kind. Es stirbt gleich nach der Geburt an einem Herzfehler. Die Ehe zerbricht am Schmerz. Vierzig Jahre später ruft der totgeglaubte Sohn den Vater an. Matthias Jüglers Roman «Maifliegenzeit» basiert auf einem wahren Fall. Es ist allerdings umstritten, wie oft es in der DDR zu vorgetäuschtem Säuglingstod zwecks Adoption kam. Unbestritten ist die tiefe Verstörung und die Ohnmacht bei der Suche nach der Wahrheit. Matthias Jügler erzählt davon leise, aber eindringlich und so, dass der Stoff auch etwas Universelles bekommt. Franziska Hirsbrunner stellt «Maifliegenzeit» vor.
«Gute Ratschläge» - so heisst der neu auf Deutsch veröffentlichte Briefroman der englischen Autorin Jane Gardam. Die guten Ratschläge erteilt Eliza Peabody, eine Hausfrau Anfang fünfzig, die den ganzen Tag am Fenster sitzt und ihre Nachbarschaft beobachtet. Sie schreibt sie an ihre Nachbarin, gibt in ihren Briefen aber je länger desto mehr auch private Details preis. Und so entsteht das Porträt einer einsamen und vom Leben enttäuschten Frau. Gleichzeitig ist «Gute Ratschläge» aber auch eine brillante Gesellschaftssatire – mit der für Gardam so typischen Mischung aus Empathie, Scharfblick und Humor. Britta Spichiger stellt das Buch als Kurztipp vor.
Buchangaben
* Franziska Gänsler. Wie Inseln im Licht. 206 Seiten. Kein & Aber, 2024.
* Matthias Jügler. Maifliegenzeit. 160 Seiten. Penguin, 2024.
* Jane Gardam. Gute Ratschläge. Aus dem Englischen von Monika Baark. 320 Seiten. Hanser Berlin, 2024.
26:15
Aktuelle Buchempfehlungen: Huckleberry Finn neu erzählt
Episode in
BuchZeichen
Die Geschichte von Huckleberry Finn aus der Sicht des Sklaven Jim erzählt. «James» von Percival Everett ist genauso Thema am Literaturstammtisch wie «Windstärke 17» von Caroline Wahl und das hochengagierte Werk «Altern» von Elke Heidenreich.
Percival Everett erzählt in «James» die weltberühmte Geschichte von Huckleberry Finn neu - aus der Perspektive des Sklaven Jim. Wie bei Mark Twain fliehen Huck und Jim gemeinsam auf dem Mississippi. Für Jim als entlaufener Sklave ist die Flucht aber kein Lausbubenabenteuer, denn jede Begegnung mit Menschen kann ihn an den Galgen bringen. Beklemmend und fesselnd wie ein Thriller liest sich, wie Everett seinen Jim durch absurde Situationen treibt und dabei mit der Sprache irrwitzige Kapriolen schlägt. Lesepflichtstoff! Meint SRF-Literaturredaktor Markus Gasser.
Mit ihrem Debütroman «22 Bahnen» ist der deutschen Autorin Caroline Wahl ein Überraschungserfolg gelungen. Nun legt Wahl ihr zweites Buch vor – wieder einen mit einer Zahl im Titel: «Windstärke 17» handelt von der jungen Frau Ida, deren alkoholkranke Mutter gerade gestorben ist. In ihrer Trauer flüchtet sich Ida auf die Ostseeinsel Rügen. Sie findet dort: die Liebe. SRF-Literaturredaktorin Katja Schönherr empfiehlt «Windstärke 17» schon jetzt als «perfekte Lektüre für die Sommerferien».
Der Buchtipp kommt diese Woche von Michael Luisier. Er empfiehlt Elke Heidenreichs neues Buch «Altern». Ein persönliches, ehrliches, lebenskluges und lebensbejahendes Buch zu einem Thema, dass uns alle betrifft.
Buchhinweise:
* Percival Everett. James. Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. 330 Seiten. Hanser, 2024.
* Caroline Wahl. Windstärke 17. 256 Seiten. DuMont, 2024.
* Elke Heidenreich. Altern. 112 Seiten. Hanser Berlin, 2024.
22:13
«BuchZeichen» live von den Solothurner Literaturtagen
Episode in
BuchZeichen
«Das eigene Leben als Inspiration» - unter diesem Motto steht die SRF 1-Literatursendung «BuchZeichen».
Theres Roth-Hunkeler und Nando von Arb stehen an unterschiedlichen Punkten in ihrem Leben und diskutieren mit Britta Spichiger, wie ihre persönlichen Erfahrungen in ihre neuesten Werke «Damenprogramm», bzw. «Fürchten lernen», eingeflossen sind.
In «Damenprogramm» erzählt die 70-jährige Theres Roth-Hunkeler von zwei Freundinnen, die in einem späteren Lebensabschnitt stehen. Sie thematisiert das Altern direkt, geradezu radikal, aber auch humorvoll.
In «Fürchten lernen» erzählt der 32-jährige Nando von Arb von unterschiedlichen Angsterfahrungen – persönlich gefärbt und doch universell gültig: zarte, aufrüttelnde oder auch absurde Episoden.
Buchhinweise:
* Theres Roth-Hunkeler. Damenprogramm. 256 Seiten. Edition Bücherlese, 2023.
* Nando von Arb. Fürchten lernen. 428 Seiten. Edition Moderne, 2024.
37:26
Aktuelle Buchempfehlungen: Béla Rothenbühler und Toxische Pommes
Episode in
BuchZeichen
Mit «Polifon Pervers» nimmt Béla Rothenbühler den Schweizer Kulturbetrieb hoch. Mit «Ein schönes Ausländerkind» schreibt die Kabarettistin «Toxische Pommes» über die Gefühle von Migrantenkindern. Und Bestsellerautor David Foenkinos überzeugt mit einem schrecklich-schaurigen Thriller.
Ein paar junge Leute tricksen Stiftungen und staatliche Kulturfonds aus und lassen grosse Summen an Fördergeldern in die eigenen Taschen fliessen. Und die Theateraufführungen und Performances, die ihre kriminellen Machenschaften decken, machen auch noch Furore bei Publikum und Medien. Doch dann beginnen sie, zusätzlich Drogengeld zu waschen. Ob das gut gehen wird? Dem Luzerner Mundartautor Béla Rothenbühler ist mit «Polifon Pervers» eine sehr lustige Satire auf den Schweizer Kulturbetrieb gelungen. Das findet André Perler, der das Buch am Literaturstammtisch empfiehlt.
Auf TikTok, von der Bühne herunter und jetzt auch im Buch. Die österreichische Kabarettistin, TikTokerin und Autorin «Toxische Pommes» erreicht ihr Publikum auf allen Kanälen. Dabei geht es der Juristin um «alltagskulturelle Beobachtungen, in denen sie Kritik mit feministischer und antirassistischer Grundhaltung übt und sich über Sozialmilieus und Doppelmoral amüsiert,» wie sie sagt. In ihrem autofiktionalen Roman «Ein schönes Ausländerkind» erzählt sie die Geschichte einer Familie, die vor dem Jugoslawienkrieg in ein Einwanderungsland flieht, das keines sein möchte. Literaturredaktor Michael Luisier, der das Buch mit grösstem Interesse gelesen hat, stellt das Buch am Literaturstammtisch vor.
Im heutigen Kurztipp stellt Annette König den Roman «Das Leben meiner Schwester» von David Foenkinos vor. Über Nacht bricht für Mathilde eine Welt zusammen. Ihr zukünftiger Mann will sie nicht mehr heiraten. Eine grosse Liebe aus seiner Vergangenheit radiert die Beziehung mit Mathilde aus. Mathilde steht vor einem Scherbenhaufen. Ein psychologischer Thriller über eine Frau, die zurückgewiesen wird – mit fatalen Folgen!
Buchhinweise:
* Béla Rothenbühler. Polifon Pervers. 200 Seiten. Edition spoken script. Der gesunde Menschenversand, 2024.
* Toxische Pommes. Ein schönes Ausländerkind. 208 Seiten. Zsolnay, 2024.
* David Foenkinos. Das Leben meiner Schwester. Aus dem Französischen von Christian Kolb. 192 Seiten. Penguin, 2024.
23:02
Aktuelle Bücherempfehlungen: Rebekka Salm, Heldentat, Finanzkrise
Episode in
BuchZeichen
Bücher mit ganz unterschiedlichen Geschichten liegen heute auf dem Literaturstammtisch. Darunter ist das neue Buch der Schweizerin Rebekka Salm, ein Roman, der von einer Heldentat im Zweiten Weltkrieg erzählt – und eine Familiengeschichte aus Irland.
«Wie der Hase läuft» ist der zweite Roman der Schweizer Autorin Rebekka Salm. Und dieser sei überaus gelungen, lobt Katja Schönherr. «Spannend und sehr raffiniert gebaut!», lautet ihr Urteil. Im Buch geht es um die miteinander verwobenen Familiengeschichten eines Liebespaars – und darum, dass man lernen muss, mit Leerstellen in der eigenen Vergangenheit zu leben.
«Comandante» der beiden Italiener Edoardo De Angelis und Sandro Veronesi erzählt eine wahre Geschichte, die im Krieg spielt - und doch von der Menschlichkeit handelt. Es geht um den U-Bootkommandant Salvatore Todaro, der sich im Zweiten Weltkrieg über Vorschriften hinwegsetzte, um Feinde vor dem sicheren Tod zu retten. Für Felix Münger ist Todaro gerade in heutiger Zeit, wo zahllose Geflüchtete im Mittelmeer keine Rettung finden, eine Leuchtfigur der Menschenpflicht.
«Der Stich der Biene» ist ein Familienroman, der in einer irischen Kleinstadt angesiedelt ist. Dickie und Imela Barnes führen mit ihren Kindern ein privilegiertes Leben, bis die weltweite Finanzkrise im Jahr 2008 auch in ihre scheinbar heile Welt einbricht. Mit präzisem und gleichzeitig empathischem Blick erzählt der Autor Paul Murray eine tragisch-komische Geschichte. Britta Spichiger gefällt, wie Murray die Leserschaft mit denselben Fragen konfrontiert, die auch seine Figuren umtreiben: was hätte man in der Vergangenheit anders machen können? Und wie wäre es wohl herausgekommen?
Buchhinweise:
* Rebekka Salm. Wie der Hase läuft. 195 Seiten. knapp, 2024.
* Edoardo De Angelis und Sandro Veronesi. Comandante. Aus dem Italienischen von Anna Leube und Wolf Heinrich Leube. 157 Seiten. Zsolnay, 2024.
* Paul Murray. Der Stich der Biene. Aus dem Englischen von Wolfgang Müller. 700 Seiten. Kunstmann, 2024.
26:44
Aktuelle Bücherempfehlungen: Rushdie schreibt über Messerattacke!
Episode in
BuchZeichen
«Knife» von Salman Rushdie zeigt einen gezeichneten, aber auch kämpferischen Autor. «Zitronen» von Valerie Fritsch handelt von einem Jungen mit dem sogenannten «Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom». Und in «Paris-Trilogie» erzählt Colombe Schneck von einem Frauenleben in drei Kurzromanen.
Gross war die Spannung vor der Veröffentlichung des ersten Buches des britisch-indischen Schriftstellers Salman Rushdie nach der Messerakttacke vom 12. August 2022. Und gross war auch der Medienrummel. Aber ganz abgesehen vom Hype rund um den Autor von «Die satanischen Verse» und 22 anderer Bücher ist mit «Knife – Gendanken nach einem Mordversuch» ein berührendes und lebensbejahendes Werk entstanden, das einen zwar verletzten und gezeichneten, aber auch kämpferischen Salman Rushdie zeigt. Und einen Mann, der erst jetzt die grosse Bedeutung der Liebe für sein Leben erkannt hat, wie Michael Luisier meint.
«Zitronen», der zweite Roman der österreichischen Autorin Valerie Fritsch, handelt von einem Jungen mit dem sogenannten «Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom»: Seine Mutter redet ihm ein, er sei krank und schwach, damit sie einen Grund hat, ihn zu pflegen. Doch als er wieder gesund wird, hält sie ihn weiterhin an, rätselhafte Tabletten zu schlucken, die ihn schwach und Müde machen. Für Simon Leuthold ein überaus bildstarkes, eindringliches Buch über eine Familie, in der sich Zärtlichkeit und Gewalt gegenseitig bedingen.
Im heutigen Kurztipp stellt Annette König den Roman «Paris Trilogie » von der französischen Schriftstellerin Colombe Schneck vor. Es geht um ein Frauenleben erzählt in drei Romanen. Die Französin verwebt dabei Persönliches mit Erfundenem ganz in der Tradition von Annie Ernaux, die auch Mutter der Autofiktion genannt wird.
Buchhinweise:
* Salman Rushdie. Knife. Gedanken nach einem Mordversuch. Aus dem Englischen von Bernhard Robben. 256 Seiten. Penguin, 2024.
* Valerie Fritsch. Zitronen. 186 Seiten. Suhrkamp, 2024.
* Colombe Schneck. Paris Trilogie. Ein Frauenleben in drei Romanen. Aus dem Französischen von Claudia Steinitz. 208 Seiten. Rowohlt, 2024.
27:35
Aktuelle Bücherempfehlungen: Anpassung um jeden Preis?
Episode in
BuchZeichen
Mareike Fallwickl spielt in «Und alle so still» das Szenario durch, dass die Frauen alle Arbeit ruhen lassen. «Die Zeit im Sommerlicht» von Ann-Helén Laestadius schildert das Los indigener Kinder in Skandinavien. Und Martin Suter wartet mit einem neuen Krimi auf, in dem alles so ist, wie gehabt.
«Und alle so still» der österreichischen Autorin Mareike Fallwickl handelt von einem weltweiten Care-Aufstand. Sämtliche Frauen legen sich hin und tun nichts mehr, weil sie schlichtweg zu erschöpft sind. Natürlich bricht sofort Chaos aus: Niemand kümmert sich um Alte, Kinder und Kranke. Und die Männer? Sie versuchen mit Gewalt, die Frauen dazu zu zwingen, weiter zu rackern wie bisher. Ein aufwühlendes Gedanken-Experiment, findet Katja Schönherr.
«Die Zeit im Sommerlicht» von Ann-Helén Laestadius bewegt André Perler. Der Roman handelt von einem kaum bekannten dunklen Kapitel in der jüngeren Geschichte Schwedens: von den Nomadenschulen. In diesen Internaten in Nordschweden wurden jahrzehntelang Kinder samischer Rentierzüchter unter Anwendung psychischer und physischer Gewalt brutal aufs Schwedisch-Sein getrimmt – mit schweren Folgen für das Leben der Betroffenen.
«Allmen und Herr Weynfeldt» - so heisst die mittlerweile siebte Episode aus der Krimireihe des Schweizer Erfolgsautors Martin Suter. Im Zentrum steht erneut der chronisch blanke Detektiv Allmen. Dieses Mal ermittelt er in einem Kunstraub im Zürcher Reichenmilieu. Der neue Suter biete die gewohnte leicht verdauliche Unterhaltung, sagt Felix Münger. Wer allerdings von einem Krimi ein gewisses Tempo, überraschende Wendungen oder gar eine Prise Action erwarte, liege damit falsch.
Buchhinweise:
* Mareike Fallwickl. Und alle so still. 368 Seiten. Rowohlt, 2024.
* Ann-Helén Laestadius. Die Zeit im Sommerlicht. Aus dem Schwedischen von Maike Barth und Dagmar Missfeldt. 475 Seiten. Hoffmann und Campe, 2024.
* Martin Suter. Allmen und Her Weynfeldt. 217 Seiten. Diogenes, 2024.
25:19
Aktuelle Bücherempfehlungen: Von Menschen und Mäusen
Episode in
BuchZeichen
«Das Gras auf unserer Seite» von Stefanie de Velasco, «Klarkommen» von Ilona Hartmann und das soeben mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnete «Minihorror» von Barbi Markovic sind die Bücher am Literaturstammtisch diese Woche im BuchZeichen.
Stefanie de Velascos Roman «Das Gras auf unserer Seite» handelt von drei Freundinnen. Keine von ihnen hat je einen Kinderwunsch verspürt. Was sie hingegen alle spüren, ist die Erwartungshaltung der Gesellschaft. Immer wieder müssen sie Stellung dazu beziehen, ob sie nicht endlich einmal Kinder kriegen wollen. Dann wird eine von ihnen schwanger. Ungewollt. Wird sie das Kind behalten? «Das Gras auf unserer Seite» ist ein literarisches – und zugleich sehr unterhaltsames – Beispiel dafür, wie sich Frauen permanent zum Muttersein verhalten müssen. SRF-Literaturredaktorin Katja Schönherr bringt es mit an den Stammtisch.
Ein junger Mensch zieht fürs Studium in die Grossstadt und verspricht sich ein aufregendes Leben: die Jugend auskosten, Party machen, Menschen kennenlernen, viel erleben. Kaum etwas davon tritt ein. Die Erzählstimme realisiert, dass das Leben an sich doch eher langweilig ist, auch weil sie sich selbst im Weg steht. Ilona Hartmann beschreibt das Erwachsenwerden der Millennial-Generation von der Schattenseite her. Für Simon Leuthold ein treffsicher geschriebenes Buch über das jugendlich-wehleidige Lebensgefühl, dass man gerade wahnsinnig viel Wichtiges verpasst, nicht darüber hinwegkommt – und ganz sicher nicht selbst schuld daran ist.
Der Tipp der Woche stammt diese Woche von Michael Luisier. Er empfiehlt «Minihorror» von Barbi Markovic. Darin geht es um Mini und Miki, die allerlei Horrorgeschichten erleben. Wie in einem Comicheft werden kurze und zum Teil reichlich abstruse Anekdoten erzählt, die davon handeln, wie zwei nette Menschen (oder vielleicht auch Mäuse, wer weiss,) versuchen, mit den Zumutungen des Alltags klarzukommen.
Buchhinweise:
* Stefanie de Velasco. Das Gras auf unserer Seite. 250 Seiten. Kiepenheuer & Witsch, 2024.
* Ilona Hartmann. Klarkommen. 192 Seiten. park x ullstein, 2024.
* Barbi Markovic. Minihorror. 186 Seiten. Residenz, 2023.
21:42
Aktuelle Bücherempfehlungen: Starker Bücher-Frühling
Episode in
BuchZeichen
Elisabeth Strout erzählt eine komplexe Familiengeschichte mit grosser Leichtigkeit. Elmore Leonard nimmt uns mit in den Wilden Westen, wo auf Kugel komm raus geballert wird. Und auf der aktuellen SRF-Bestenliste im April stehen alles Bücher, die einen guten Lesefrühling garantieren.
«Am Meer» von Elizabeth Strout handelt von Lucy Barton, einer rund 70-jährigen Schriftstellerin, die mit ihrem Ex-Mann von New York City nach Maine zieht, in ein Haus am Meer, um der Pandemie zu entkommen. In der Einsamkeit blickt sie auf ihr Liebesleben zurück und sorgt sich um ihre längst erwachsenen Töchter. Elizabeth Strout gelinge es, diese komplexe Familiengeschichte in einer einzigartigen Leichtigkeit zu erzählen, meint SRF-Literaturredaktorin Jennifer Khakshouri.
Warum nicht wieder einmal einen Western lesen? So wie früher? Die Gelegenheit bietet aktuell der packende Roman «Letztes Gefecht am Saber River» des US-Amerikaners Elmore Leonard. Der 1959 erschienene Roman liegt jetzt erstmals auf Deutsch vor. Die zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs spielende Geschichte habe alle Ingredienzien des klassischen Testosteron-Abenteuers im Wilden Westens. Aber nicht nur, findet Felix Münger. Gerade die Frauenfiguren und die Geschlechterrollen seien überraschend modern dargestellt.
Im heutigen Kurztipp stellt Annette König die fünf Bücher vor, die auf der aktuellen SRF-Bestenliste im April stehen. Alle fünf Titel seien ausnehmend gelungene Page-Turner, die jeglichen Anflug von Frühlingsmüdigkeit mit einem Wisch hinwegfegen würden.
Buchhinweise:
* Elizabeth Strout. Am Meer. Aus dem Amerikanischen von Sabine Roth. 288 Seiten. Luchterhand, 2024.
* Elmore Leonard. Letztes Gefecht am Saber River. Aus dem Englischen von Florian Grimm. Liebeskind, 2024.
* Gaea Schoeters. Trophäe. Aus dem Niederländischen von Lisa Mensing. 256 Seiten. Zsolnay, 2024.
* Iris Wolff. Lichtungen. 256 Seiten. Klett-Cotta, 2024.
* Percival Everett. James. 336 Seiten. Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. Hanser, 2024.
* Barbara Kingsolver. Demon Copperhead. Aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren. 846 Seiten. dtv, 2024.
* Anne Weber. Bannmeilen. 301 Seiten. Matthes & Seitz, 2024.
27:09
Aktuelle Bücherempfehlungen: Der Blick zurück
Episode in
BuchZeichen
Der spanische Regisseur Pedro Almodóvar, die deutsche Autorin Slata Roschal und die US-amerikanische Autorin Marie Benedict schauen in ihren neuen Büchern zurück. Es geht um persönliche Erinnerungen oder gesellschaftliche Fragen, jeweils verbunden mit einer individuellen Geschichte.
Schon oft wurde der spanische Regisseur Pedro Almodóvar darum gebeten, seine Autobiografie zu schreiben. Bis jetzt ging er nie darauf ein. Aber nun kommt er diesem Wunsch in Ansätzen nach. Mit zwölf Erzählungen, die Einblick geben in sein Leben, Schreiben und Filmemachen. Sie zeigen, wie sehr alle drei Bereiche miteinander verbandelt sind. Texte aus mehreren Jahrzehnten, die von seiner Assistentin Lola García archiviert wurden. Das Buch lese sich wie ein spritziger, frischer Cocktail, der als Trägersubstanz ganz schön viel Pedro Almodóvar enthalte, findet Annette König, die das Buch am Literaturstammtisch empfiehlt.
Eine junge Frau in einem Hotelzimmer. Das erste Mal seit Jahren ist sie allein verreist. Sie geniesst die Ruhe, sie will nachdenken. Worüber sie nachdenkt? Über ihren anstrengenden und zugleich eintönigen Alltag als Mutter. Stimmt etwas nicht mit mir?, fragt sie sich, wo doch alle Mütter um sie herum scheinbar so glücklich sind. «Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten» von Slata Roschal handelt von einer Frau, die mit ihrem Leben hadert. Ein tristes Thema. Dennoch sei es ein Genuss, dieses Buch zu lesen, findet SRF-Literaturredaktorin Katja Schönherr.
Die britische Biochemikerin Rosalind Franklin hat für die Wissenschaft Bedeutendes geleistet. Dank ihrem Beitrag konnte die menschliche DNA entschlüsselt werden. Die Anerkennung dafür aber bekamen Männer. In ihrem Roman «Das verborgene Genie» erzählt die US-amerikanische Autorin Marie Benedict von einer brillanten Aussenseiterin, die sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts voll und ganz der Wissenschaft verschrieb und sich dafür gegen alle möglichen Widerstände durchsetzen musste. Spannende Lektüre, die einen aber auch nachdenklich zurücklässt, findet Britta Spichiger.
Buchhinweise:
* Pedro Almodóvar. Der letzte Traum. Aus dem Spanischen von Angelica Ammar. 224 Seiten. Suhrkamp, 2024.
* Slata Roschal. Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten. 170 Seiten. Claassen, 2024.
* Marie Benedict. Das verborgene Genie. Aus dem Englischen von Kristin Lohmann. 352 Seiten. Kiepenheuer & Witsch, 2024.
26:35
Aktuelle Bücherempfehlungen: Leben in Bedrängnis
Episode in
BuchZeichen
Zwei Romane, die vom gesellschaftlichen Druck auf Individuen erzählen: Von unserem Umgang mit betagten Menschen handelt «Die Arbeiterin» des Franzosen Didier Eribon. Und «Nachbarn» der Afroamerikanerin Diane Oliver schildert die prekäre Lage von Schwarzen in den USA – in den 1960ern wie heute.
Der Schriftsteller, Soziologe und Philosoph Didier Eribon schreibt seine Familiengeschichte weiter. «Eine Arbeiterin: Leben, Alter und Sterben» ist das Portrait seiner Mutter. Eine Mischung aus autobiografischem Schreiben und soziologischem Essay. Eribon beschreibt seine Schuldgefühle, nachdem er die Mutter gegen ihren Willen in ein Pflegeheim einwies. Wie er danach ihre nächtlichen Klagen und Telefonate aushalten musste. Von ihrer Verzweiflung und Vereinsamung hörte. Das Buch sei ebenso «gehaltvoll wie fesselnd», sagt Annette König.
Schwarze in den USA, die für Emanzipation und Gleichberechtigung einstehen – davon erzählen die Erzählungen im Band «Nachbarn» der 1966 verstorbenen US-amerikanischen Autorin Diane Oliver. So schildert sie etwa einen siebenjährigen Knaben, der als erstes Schwarzes Kind auf eine Schule der Weissen muss. Mit feinen, nüchternen Beobachtungen zeige die Autorin, was Rassismus bedeute, sagt Britta Spichiger. Obwohl die Geschichten in den 1960ern spielen, seien sie noch immer aktuell.
Einen Spaziergang durch die Weltliteratur – dies bietet der neue Sammelband «19/21 Synchron global» des Schweizer Literaturwissenschafters Charles Linsmayer. Das Buch versammelt 135 literarische Texte aus verschiedenen Weltregionen. Die thematisch gegliederte Auswahl ermögliche, Unbekanntes zu entdecken. Und dabei zu erfahren, wie unterschiedliche Autorinnen und Autoren zu Urthemen der Menschheit wie Freiheit, Glück oder Natur dachten, sagt Felix Münger.
Buchhinweise:
* Didier Eribon. Eine Arbeiterin. Leben, Alter und Sterben. Aus dem Französischen von Sonja Finck. 240 Seiten. Suhrkamp, 2024.
* Diane Oliver. Nachbarn. Aus dem Englischen von Brigitt Jakobeit und Volker Oldenburg. 304 Seiten. Aufbau, 2024.
* Charles Linsmayer (Hrsg.). 19/21 Synchron global, ein weltliterarisches Lesebuch von 1870 bis 2020. 652 Seiten. Th. Gut, 2024.
27:05
Aktuelle Bücherempfehlungen: Neue niederländische Literatur
Episode in
BuchZeichen
Dieses Jahr sind die Niederlande und Flandern Gastland der Leipziger Buchmesse. Auf dem Literaturstammtisch liegen deshalb neue Bücher der Autor:innen Gaea Schoeters, Lize Spit und Mathijs Deen.
Hunter White geht auf Grosswildjagd nach einem der selten gewordenen Spitzmaulnashörner. Dafür hat er eine Lizenz zum Töten ersteigert. Was treibt ihn an? Die Suche nach dem Kick? Die flämische Autorin Gaea Schoeters sucht in ihrem Afrika-Roman «Trophäe» Antworten darauf. Sie beleuchtet nicht nur kritisch das Verhältnis Mensch und Natur, sondern auch die Folgen des Kolonialismus. Gaea Schoeters schreibt mit einer Sprachgewalt, die einem die Nackenhaare aufstellt, findet Annette König.
Jimmy ist ein hervorragender Schüler. Und er ist einsam. Bis Tristan in sein Leben tritt. Dieser hat einen Krieg und eine Flucht nach Belgien hinter sich. Jimmy erhält die Aufgabe, Tristan durch das Schuljahr zu begleiten. Daraus entspinnt die belgische Autorin Lize Spit eine Geschichte über Freundschaft, Fantasie - und Verzweiflung. Der Roman «Der ehrliche Finder» fesselt einen von Beginn weg, sagt Lea Dora Illmer.
März 1995: In einer stürmischen Nacht über der Nordsee gerät ein deutscher Schlepper in Seenot. Die ganze Mannschaft ausser dem Kapitän kann gerettet werden. Ostersonntag, 2016: An der englischen Küste finden zwei Jungen ein Skelett, daneben eine Rettungsweste des deutschen Schleppers, der vor über zehn Jahren in Seenot geraten war. Die sterblichen Überreste des Kapitäns? Kommissar Liewe Cupido übernimmt die Untersuchungen. «Der Retter» ist ein weiterer spannender Fall des sympathischen Ermittlers, findet Britta Spichiger.
Buchhinweise:
* Gaea Schoeters. Trophäe. Aus dem Niederländischen von Lisa Mensing. 256 Seiten. Zsolnay, 2024.
* Lize Spit. Der ehrliche Finder. Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen. 128 Seiten. S. Fischer Verlag, 2024.
* Mathijs Deen. Der Retter. Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke. 384 Seiten. mare Verlag, 2024.
24:44
Aktuelle Bücherempfehlungen: Neues aus der Schweiz
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BuchZeichen
«Das kleine Haus am Sonnenhang» von Alex Capus und «Die hängende Säge» von Alice Schmid - dies die aktuellen Bücher am Literaturstammtisch im BuchZeichen.
In seinem neuen Buch «Das kleine Haus am Sonnenhang» erzählt der Oltner Schriftsteller Alex Capus von persönlichen Erinnerungen aus seiner Zeit in Italien: Im Seitental eines Seitentals im Piemont kaufte sich Capus als junger Mann ein altes Haus und schrieb dort seinen ersten Roman. Nun nimmt er seine Leserschaft mit auf einen Nostalgietrip in die letzten Jahre des 20. Jahrhunderts. Er erzählt von alltäglichen Begebenheiten und besonderen Begegnungen. Das Buch, das Britta Spichiger am Literaturstammtisch vorstellt, ist eine Liebeserklärung an das kleine Haus am Sonnenhang, an das Schreiben - und das Leben.
Alice Schmid erzählt in ihrem Roman «Die hängende Säge» die Geschichte einer jungen Frau, die nach einem traumatischen Erlebnis im Jugendsportlager kein Wort mehr sprechen kann. Erst mit einem Sprachaufenthalt in Belgien findet sie langsam zu ihrer Sprache zurück. Nach und nach wird absehbar, dass sie sich immer stärker von ihrem Familienumfeld im bäuerlichen Luzerner Hinterland abnabeln wird. Für Simon Leuthold ein einfühlsam geschriebener Coming-of-Age-Roman darüber, was es heisst, seinen eigenen Weg zu gehen.
Der Buchtipp kommt diese Woche von Michael Luisier. Er empfiehlt das Bändchen «Mir fällt gerade ein... Ein Sammelsurium» mit Tagebucheinträgen des Schauspielers und Sängers Manfred Krug.
Buchangaben:
* Alex Capus. Das kleine Haus am Sonnenhang. 160 Seiten. Carl Hanser Verlag, 2024.
* Alice Schmid. Die hängende Säge. 176 Seiten. Atlantis Verlag, 2024.
* Manfred Krug. »Mir fällt gerade ein« Ein Sammelsurium. 108 Seiten. Kanon, 2024.
21:58
Aktuelle Bücherempfehlungen: Was aus Freundschaft werden kann
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BuchZeichen
Lana Lux erzählt von Freundschaft, die zur tödlichen Obsession wird. Iris Wolff schreibt über eine, aus der Liebe wird. Und auch die Südkoreanerin Han Kang erzählt von zwei Menschen, die in einer schwierigen Lebensphase langsam zueinander finden.
In der Schule ist Philipp ein Einzelgänger. Bis eines Tages Faina aus der Ukraine in seine Klasse kommt. Plötzlich hat er eine Freundin. Jahre später, als Faina schwanger, verschuldet und obdachlos vor seiner Tür steht, nimmt er sie auf. Doch der Preis, den Faina dafür zahlt, ist hoch. Zunächst gängelt Philipp sie nur, dann beschimpft er sie, dann schlägt er sie – wieder und wieder. «Geordnete Verhältnisse» von Lana Lux ist ein Buch, das einen nicht loslässt, findet SRF-Literaturredaktorin Katja Schönherr. Ein Buch über einen Menschen, der Liebe mit Besitz verwechselt.
Iris Wolff erzählt in ihrem neuen Buch «Lichtungen» gewohnt poetisch von Freundschaft und Liebe zu Zeiten der Diktatur und Wende in Rumänien. Lev und Kato kennen sich seit Kindertagen. Sie sind beide Aussenseiter – Lev gehört der deutschsprachigen Minderheit, Kato kommt aus prekären Verhältnissen. Als das Ceausescu-Regime fällt, geht sie sofort in den Westen. Er bleibt – vorläufig. Was ist Herkunft? Kann man sich von seinen Prägungen lösen? Wie geht man mit Verlusten und Verletzungen um? Diese Fragen stellt sich SRF-Literaturredaktorin Franziska Hirsbrunner bei Iris Wolffs Buch, das sie zur Lektüre wärmstens empfiehlt.
Im heutigen Kurztipp stellt Annette König den Roman «Griechischstunden» von Han Kang vor. Die Südkoreanerin ist seit ihrem Bestseller «Die Vegetarierin» im deutschsprachigen Raum bekannt. In ihrem neuen Buch erzählt sie uns nun die Geschichte zweier Menschen, die in einer Lebensphase zueinanderfinden, die von grossen Ängsten geprägt ist.
Buchhinweise:
* Lana Lux. Geordnete Verhältnisse. 290 Seiten. Hanser Berlin, 2024.
* Iris Wolff. Lichtungen. 256 Seiten. Klett Cotta, 2024.
* Han Kang. Griechischstunden. Aus dem Koreanischen von Ki-Hyang Lee. 204 Seiten. Aufbau, 2024.
26:13
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